Wenn wir uns vorstellen, dass Gefühle Pferde sind, dann sitzen „normale“ Menschen auf einem Ackergaul. Menschen mit einer Borderlinepersönlichkeitsstörung hingegen sitzen auf einem Araberhengst. Er geht leicht durch, hat ein starkes Temperament und ist nur schwer wieder zu bändigen. Daher müssen „Bordis“ einfach besser reiten können

Andreas Knuf/Christiane Tilly

Übersicht des Artikels
Habe ich Borderline?
Wie geht es jetzt weiter?
Psychotherapie ja oder nein?
Verlauf einer Borderline Persönlichkeitsstörung
Ursachen und Auswirkungen

 

Habe ich Borderline?

Anzeichen einer Borderline-Persönlichkeitsstörung

  • Hast du manchmal ganz intensive Beziehungen und dann wieder einen Abbruch des Kontakts oder allgemein ziemlich viel Stress mit anderen Menschen?
  • Sehnst du dich nach einer stabilen Beziehung?
  • Leidest du unter Stimmungsschwankungen?
  • Fragst du dich, warum du oft Schwarz- Weiß Denken zeigst?
  • Weißt du oft gar nicht, wer du wirklich bist?
  • Innere Leere?
  • Einfach depri?
  • Du möchtest endlich deine Selbstzweifel überwinden?
  • Denkst du, dass dich niemand versteht?
  • Bist du oft sehr außer dir, also wütend, gereizt oder tieftraurig?
  • Fragst du dich: „Wie kann ich Wutausbrüche kontrollieren?“
  • Fügst du dir Selbstverletzungen oder Schaden durch Ritzen, Sex, Drogen oder Heißhungerattacken zu?

Das sind einige Anzeichen für eine Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS). Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Denken und Fühlen hilft dir, deine Muster zu erkennen und wieder hinter dem Steuer der eigenen Persönlichkeit zu sitzen anstatt anders herum. Es gibt viele verschiedene Therapieformen bei einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, die dir helfen können und es gibt Wege, damit umzugehen. Eine gut erforschte Therapieform ist beispielsweise die Dialektisch Behaviorale Therapie (DBT) nach Marsha M. Linehan und die Schema Fokussierte Therapie bei BPS nach Young.  Ungefähr jede zweite Person profitiert nachweislich von einer Behandlung durch ambulante oder stationäre Psychotherapie der BPS und sie stellt somit eine Chance für dich dar.

Wie geht es jetzt weiter?

Das kannst du tun, wenn du denkst, dass du eine Borderline-Persönlichkeitsstörung hast

Du denkst aufgrund der Beschreibung typischer Symptome, dass du eine Borderline Persönlichkeitsstörung hast? Dann hast du jetzt einen Schritt gemacht, der weitere Abwägungen nach sich zieht. Dazu ist es ratsam in Ruhe alles wirken zu lassen und sich dann weitere Schritte zu überlegen. Im Internet findest du eine Fülle an Informationen und darunter auch viel Fehl- oder nur Teilinformationen. Daher ist bei der Recherche im Internet Vorsicht geboten. Um eine Borderline Persönlichkeitsstörung feststellen zu können, benötigt es immer eine umfassende Diagnostik. Kein Selbsttest kann dir zuverlässig sagen, ob du diese Erkrankung hast oder nicht. Versuche nicht dich selbst zu therapieren, sondern sprich mit professionellen Helfer*innen wie Therapeut*innen, Berater*innen oder Ärzt*innen darüber.

Im Übrigen existieren Hinweise darauf, dass gerade junge Erwachsene im Internet nach Störungen und Krankheiten googlen und alleine diese Tatsache zu der gesteigerten Angst führt, zu erkranken oder bereits erkrankt zu sein. Die Recherche nach psychischen Störungen wie Borderline selbst kann also deine Symptomatik verschlechtern oder sogar erzeugen. Einfach ausgedrückt: Es kann dazu führen, dass du dir Krankheiten einbildest.

1. Tipp der B2 Onlineberatung: Bei eigenem Verdacht: Professionelle kontaktieren, Klarheit bekommen und gegebenenfalls eine Therapie beginnen.

2. Tipp der B2 Onlineberatung: Wenn du wirklich die BPS hast, suche Dir eine* Therapeut*in oder eine Klinik, die sich auf Borderline spezialisiert.

Nicht alle Fachkräfte kennen sich ausreichend mit der Therapie der Borderline Persönlichkeitsstörung aus. Das macht die Suche vielleicht länger, aber ermöglicht dir eine bessere Therapie!

 

Psychotherapie ja oder nein?

Wir unterstützen dich bei deiner Entscheidung

Wenn du das Gefühl hast, dass du Borderline hast, solltest du Kontakt zu einer*r Therapeut*in herstellen. Wenn du dir weiterhin die Frage stellst: „Habe ich Borderline?“ oder dir nicht sicher bist, ob du für eine Psychotherapie in Frage kommst, kannst du dich bei B2 Onlineberatung registrieren und uns eine Mail schreiben. Dort können wir diese und auch andere Fragen in Ruhe besprechen. Wir bieten keine Diagnostik an, das muss ein*e Psychotherapeut*in oder Psychiater*in tun. Wir können aber mit dir gemeinsam überlegen, ob ein Therapie sinnvoll wäre, wie du einen Psychotherapieplatz erhältst und begleiten dich mit allen Fragen, die du hast. Wir nehmen neben den typischen Beschwerden wie Stimmungsschwankungen, innere Leere oder Selbstzweifel deine ganz persönlichen Fragen ernst und unterstützen dich deine Talente und Stärken zur Lösung deiner Probleme zu aktivieren und auszubauen. Wir glauben fest daran, dass du mehr kannst und mehr bist als deine Probleme!

Stimmungsschwankungen und schwarz weiß Denken Borderline

B2-Lexikon

Eine Borderlinestörung gehört zu der Gruppe der emotional-instabilen Persönlichkeitsstörungen und zeichnet sich durch eine dauerhafte Abweichung von Denken, Fühlen, Impulskontrolle und zwischenmenschlichen Beziehungen im Vergleich zur Norm aus. Sie beginnt in der Kindheit oder Jugend und bleibt im Erwachsenenalter stabil. Oft erscheint das Verhalten von Borderline-Betroffenen unpassend oder überzogen und sie werden vom sozialen Umfeld als eher negativ wahrgenommen. Betroffene haben einen sehr hohen Leidensdruck.

 

Verlauf einer Borderline Persönlichkeitsstörung

Wer am häufigsten erkrankt

Die Lebenszeitprävalenz der Borderline Störung liegt bei 3-6%, das bedeutet, dass in Deutschland cirka 2,5 – 4,8 Millionen im Laufe ihres Lebens an Borderline erkranken. Im Vergleich zu anderen Altersgruppen erkranken junge Erwachsene besonders häufig daran, bzw. liegt in dieser Phase meistens der Anfang des Krankheitsverlaufs. Über den Verlauf der Borderlinestörung wird kontrovers diskutiert. Im Schnitt beginnt die erste Aufnahme in einer Klinik im Alter von 24 Jahren und die Wahrscheinlichkeit in den folgenden 10 Jahren einmal jährlich eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung zu nutzen liegt bei 80%. Studien aus den USA weisen darauf hin, dass die Psychopathologie (Symptome der Erkrankung) von Menschen in Behandlung sich über die Jahre abschwächt.

Merke: Die Borderline Persönlichkeitsstörung ist eine langfristige Erkrankung. Die Chancen auf eine Reduzierung deiner Symptome steigen aber sehr wahrscheinlich durch psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung.

Ursachen und Auswirkungen

Faktoren, die eine Erkrankung begünstigen

Heute herrscht in der Wissenschaft weitestgehend Konsens, dass eine Kombination aus genetischen Faktoren und Umweltfaktoren zur Borderline Störung führt. Das bedeutet, dass es bereits rein genetisch unterschiedliche Risiken gibt daran zu erkranken. Bei den Umweltfaktoren werden gravierende Aspekte wie das Erleben (sexueller) Gewalt und schwere Vernachlässigung berichtet. Insbesondere mehrfache sexuelle Traumatisierung begünstigt eine Erkrankung, aber führt auch nicht immer automatisch dazu. 80% der betroffenen Menschen berichten über ein oder mehrere Suizidversuche. 8% der Betroffenen bringt sich tatsächlich erfolgreich um. Weiterhin berichten 85% der Betroffenen über selbstverletzendes Verhalten.

Als Hauptsymptom der Borderlinestörung gilt die mangelnde Affektregulation. Dieses Wort beschreibt die Fähigkeit, seine eigenen Gefühle zu erkennen und mit diesen hilfreich umzugehen. Als typisch gilt die relativ ungenaue Wahrnehmung von Gefühlen und extreme innere Spannungen, die sich die Betroffenen nicht erklären können. Oft wird das als Gefühl unwirklich zu sein beschrieben: „Ich fühle mich nicht“. Ein weiteres Problem, das oft auftaucht und viel Leiden erzeugt, ist die mangelhafte Regulation von Nähe und Distanz zu anderen Menschen. Diese kann sich durch eine intensive Angst vor dem Alleinesein zeigen, die sich durch starke Bemühungen, den oder die Partner*in dauerhaft an sich zu binden, bemerkbar macht. In der Nähe machen sich dann aber oft Scham und Schuldgefühle breit.  Die den Betroffenen nahestehenden Personen erleben dieses Verhalten oft als sehr anstrengend und auch manipulativ. Die Folgen sind viele Beziehungsabbrüche und daraus resultierender Leidensdruck. Als weitere, typische Folgen gelten Dissoziation (Verzerrung des Raum-Zeit Erlebens & Fremdheitserleben „Ich spüre mich nicht“) Flashbacks (Wiedererleben traumatischer Erfahrungen), Alpträume, Ein- und Durchschlafstörungen, Alkohol- und Drogenmissbrauch, Essstörung, Vernachlässigung körperlicher Betätigung, Arbeitslosigkeit und schlechte Ausbildung.

Neben der Relevanz einer spezifischen Psychotherapie für Borderline, gibt es auch Medikamente gegen einzelne Beschwerden, die im Rahmen einer Erkrankung auftreten können. So kann bspw. ein Medikament gegen Angstzustände gegeben werden, wenn diese im Vordergrund stehen. Ein offiziell zugelassenes Medikament gegen die BPS an sich existiert in Europa aktuell nicht.

 

     

Quelle: Zentralinstitut für seelische Gesundheit Mannheim, Ärzteblatt 2020

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